Edles Kristall, güldenes Garn und entspannendes Naturerlebnis

Text und Fotos: Stephan Käufer
Glasbläser von Waterford

Glasbläser von Waterford

Wie ungezählte Sterne am Firmament über der nahen Irischen See, funkelt glitzernd das geschliffene Kristall. Edel in Szene gesetzt in schwarzen Vitrinen, entfaltet das Glas seine magische Anziehungskraft. Selbstbewusst zur Schau gestellter Kitsch, oder wahre Kunst geschickter Handwerker? Wo aus groben Holzklötzen Formen modelliert werden, beginnt der Rundgang durch das Allerheiligste, die Kristallglasmanufaktur von Waterford Christal. Ein wenig weiter arbeiten jene Männer, Glasbläser, die dem rohen Klumpen, erhitzt in höllischen Temperaturen, zu seiner Form verhelfen. Schließlich bedecken, eher noch, verstecken Staubschlieren, entstanden beim rotieren der Schleifscheibe, das kostbare Werkstück. In diesem Fall einen Weinkelch, vor den neugierigen Blicken der Besucher. Stetig arbeitet sich das Werkzeug in das Kristall hinein. Vorsichtig wird es zurückgenommen und in einem anderen Winkel wieder auf die Scheibe gesenkt, immer dem kreuzförmig mit Filzstift auf dem Werkstück markierten Muster folgend.

Ein Wikingerschiff

Geduld ist vonnöten, Engelsgeduld. Da wo der Glasstaub, weggeblasen durch die Rotationsbewegung, einen Blick freigibt, lässt sich für den Betrachter ein Stück von der eleganten Grazie der in ihrer Entstehung begriffenen Kostbarkeiten erahnen. An einer weiteren Werkbank arbeiten unterdessen andere Hände am Modell eines gläsernen Wikingerschiffes. Wie vielen Einschnitten wird der fertige Weinkelch am Ende ausgesetzt gewesen sein? Schließlich noch unvollendet, gelangen die Schätze zu den Polierern. Jetzt und hier dürfen sie erstmalig ihre ganze Pracht entfalten. Und endlich, ihrer Bestimmung folgend, auf einer festlichen gedeckten Tafel, irgendwo auf der Erde dem Genuss einen festlichen Rahmen geben.

Waterford

Waterford

Waterford im gleichnamigen County im Südosten Irlands etwa eine Autostunde südlich von Kilkenny und etwa 45 Autominuten östlich von Dungarvan gelegen, ist die älteste Stadt Irlands. Wikinger gründeten am Ufer des Flusses Suir 914 die Stadt, die im 19. Jahrhundert die Reichste der Insel war und lange Jahre einen der wichtigsten irischen Häfen besaß. Heute ist das geschliffene Kristallglas von Waterford Crystal eines der bekanntesten Exportartikel der Stadt. Wein aus den kostbaren Kelchen Waterfords zu trinken ist für viele US Amerikaner irischer Abstammung ein patriotisches Muss. Der nordamerikanische Markt ist deshalb auch wichtigster Abnehmer des Kristalls. Besucher können dem Fertigungsprozess in einem informativen touristisch aufbereiteten Rundgang folgen.

Viking Triangle

Viking Triangle

Das hellgraue bis beigefarbene unbehauene Natursteinmauerwerk wird von grobkörnigem Mörtel zusammengehalten. Abwärts führt die Wendeltreppe über behauenen Fels. Beim Abstieg in die Unterwelt plaudert Derek Mc Grath: „Der Weinkeller wurde 1440 von James Rice errichtet“. Im Weinkeller, einem Tonnengewölbe von etwa sechs Metern Durchmesser welches über die gesamte Länge von bald zwanzig Metern im Scheitelpunkt des Gewölbes durch einen Bogengang abgestützt wird, erzählt Derek, Guide im „Waterford Treasures Medieval Museum“ weiter: „Die Anglo – Normannen kamen 1170 nach Waterford. Diese holten aus dem Bordeaux Wein, über einhundert Jahre bevor er aus Spanien oder Portugal bezogen wurde. Hier wurde der Wein umgeschlagen, gehandelt und über ganz Irland verteilt. So wurde Waterford zur „Weinhauptstadt“ Irlands“. Über dem, an die sechshundert Jahre alten Weinkeller, wurde das „Museum für die Schätze des mittelalterlichen Waterford“ gebaut und 2012 eröffnet. Es komplettiert das sogenannte „Viking Triangle“ das Wikinger Dreieck. Gemeint sind damit der Bischhofspalast, Reginald´s Tower ein historischer Turm der normannischen Wehrmauer, dessen Ausstellungsexponate der Wikingerzeit Waterford´s gewidmet sind, sowie das „Medieval Treasures“. Von den drei Museen ist es sicher das Sehenswerteste. Imposant sind die in seinem Obergeschoss ausgestellten prunkvollen Messgewänder. Ihre Goldfäden, um 1460 in Florenz gesponnen, wurden anschließend in Brügge verwebt um schließlich in Waterford zu prunkvollen Gewändern geschneidert zu werden. Es beherbergt eine angeblich aus den Kreuze Christie gefertigte Reliquie sowie mittelalterliche Handschriften.

Endlos feinsandiger Strand

Endlos feinsandiger Strand

Ruhig laufen die Wellen auf dem feinsandigen Strand aus. Ein paar Kinder tummeln sich im Sand oder in den Wellen, Möwengeschrei. Eine warme Brise zieht von der Irischen See über Land. Strandspaziergänger, die Schuhe baumelnd um den Hals gebunden, flanieren durch den Wellensaum. Eine Mutter räumt Badetücher zusammen. Begünstigt durch den warmen Golfstrom und den fast 3 Kilometer langen Sandstrand lässt sich in Tramore, etwa dreißig Autominuten südlich von Waterford, typisch angelsächsiche Sommerfrische erleben.

angelsächsiche Sommerfrische

angelsächsiche Sommerfrische

Fast zur gleichen Zeit, doch etwa vierzig Autominuten westlich von Waterford, erzählt Michael Desmond: „Die Stille ist vollständig, du hörst hier absolut nichts. Es ist zwar ein weiter Weg aber genau das genieße ich in den Bergen.“, Der „walking Guide“ der Bergführer in den Comergh Mountains, berichtet von Counshingaun Lake einem eiszeitlichen See, dessen an die 300 Meter steilaufragenden Felswände den See an drei Seiten fest umschließen. Lediglich die vierte Seite lässt sich durch einen etwas mehr als mannsbreiten Durchschlupf in den zwei abfallenden Felsgraten erwandern. Etwa 8 Grad Wassertemperatur erreicht der See, selbst im Sommer erhitzt er sich kaum stärker.

Counshingaun Lake

Counshingaun Lake

Der Wanderer, der den wie geschliffenes, poliertes ohne Staubschlieren verschmutztes Kristall vor ihm liegenden See erreicht, sollte schon sehr tapfer sein, sodann er gewillt sein sollte, in dem See ein Bad zu nehmen. Das Naturerlebniss auf dem etwa 90 Minütigen Anstieg entschädigt ausreichend für die Mühen.

Bliebe abschließend zu klären, ob es sich nun um Kunst oder Kitsch handelt? Doch, kann das nicht jedem Selbst überlassen bleiben, welche Relevanz besitzt diese Frage jetzt noch?


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